David Bowie, 4 Konzertberichte, 1990-2004
- Schüttorf, Vechtewiese 01.09.1990
- Utrecht, Vrenenburg, 11.06.1997
- E-Werk, Köln, 12.07.2002
- Hurricane Festival, Scheeßel, 25.06.2004
David Bowie Konzertberichte
Vier Mal durfte ich David Bowie live erleben. Ich bin wirklich kein großer Bowie Kenner, aber die allgemeine Liebe zu guter Musik zog einen immer wieder in seine Nähe. Oft ist es ja auch die besondere Atmosphäre des Live-Erlebnisses die einem den Künstler erst wirklich näher bringt. Und so fühle ich mich rückwirkend auch eher wie Forest Gump wenn ich auf die erlebten Abende zurückblicke.
Denn sie waren aus verschiedenster Sicht alle besonders, und ich war, oft fast zufällig, dabei. Die erste Begegnung verlief noch am unspektakulärsten und ist in meiner Erinnerung auch nur noch wenig präsent. Wir fuhren 1990 mit einer wilden Truppe aus Schul-und anderen Freunden relativ spontan nach Schüttorf. Das Internet war noch keine Hilfe und so war auch der Ablauf des Abends völlig unklar.
Auf der Eintrittskarte standen als Band die Pixies und David Bowie, das reichte mir. Schon bei der Ankunft bot sich ein trauriges Bild. Der Veranstalter hatte wohl netterweise doppelt so viele Tickets verkauft als sinnvoll gewesen wäre, die Wiese drohte zu platzen. Unfreundliche Secs., schlechter Sound und viel zu kleine Brücken über einen kleinen Fluss mitten auf dem Gelände erhöhten den Spaß Faktor nicht.
Egal, damals war sowas normal. Die Pixies spulten ihre Hits ab und als es endlich dunkel war, betrat Bowie die Bühne. Es folgte ein klassisches Best-Of Programm das mich fast aus den Schuhen riss. Kein Hänger auszumachen, und die Präsenz von Bowie war eine Augenweide. Mitten im Set ließ er sich zu Boden fallen und blieb mindestens 3-5 Minuten regungslos liegen. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Als Zugabe spielte er "Gloria", eine Them (Van Morrison) Coverversion. WOW.
Doch das war nur der erste Eindruck, jetzt wurde es spezieller. Durch einen Frühstart (ab 07.30 Uhr anstehen in der Venloer Postfiliale) ergatterte ich 1997 Tickets für ein Club-Konzert in Utrecht. Die Vrenenburg ist eigentlich eine klassische Konzerthalle (Achteckig) mit kompletter Holzvertäfelung und fantastischer Akustik. Vor nur 1.500 Fans spielte Bowie hier 27 Songs. Unter anderem fungierte er selber als Vorgruppe mit seinem damaligen "Dance"-Projekt "L`Dopa".
Bowie hatte in den minimalen Innenraum noch eine kleine Rampe einbauen lassen und so stand ich nur wenige Meter entfernt. Im "normalen" Set der "Earthlings-Tour" folgten dann noch u.a. "White Light/White Heat" und als Zugaben "Scary Monsters" und "Little Wonder" in brachialen Versionen. Besonders toll in Erinnerung blieben auch ein wunderschönes "Strangers when we meet" und "Under Pressure" von dem ich damals nicht geglaubt hätte es einmal live hören zu dürfen.
Das dritte Mal sollte es noch verrückter werden. Ich erstand 2002 zunächst 2 Karten für ein geplantes Konzert in Dresden und wollte so eine Städtetour mit dem Konzert verbinden. Da aber wohl die Vertragsverhandlungen noch gar nicht abgeschlossen waren, wurde das Konzert abgesagt und für den gleichen Tag ein Club-Gig im Kölner E-Werk angesetzt.
Bei diesem VVK-Start brach aber der Server dermaßen zusammen, das keine Aussicht auf einen Besuch bestand. Aus Ärger vor dieser doppelten Unprofessionalität beschloss ich eine Trick zu versuchen. Ich begab mich einfach mit meinen Karten für Dresden zum Eingang in Köln, und ließ beim ersten Öffnen der Türen unter allgemeinem Drängeln meine Karte entwerten. Glück gehabt.
Doch damit nicht genug. Bowie, hier zurechtgemacht wie ein perfekter Gentleman mit Taschenuhr und dunklem Blazer, war in unbändiger Spiellaune. War zu damaliger Zeit sonst am Wochenende im E-Werk definitiv um 22.00 Uhr Feierabend, weil die Kölner Jugend schon auf den Einlass für die folgende Disco wartete , änderte sich an diesem Abend alles.
Bowie kam zurück in den Saal und rief: "Shut all the doors" und begann mit einer vollständigen Version des "Low"-Albums als Zugabe. Eine Seltenheit erster Güte. Er spielte Tenorsaxophon und ich kann nur sagen, das es auf der Welt wohl nur wenige Dinge gibt die cooler sind als David Bowie live am Saxophon zu erleben.
Diesmal waren es 31 Stücke und als die Türen wieder geöffnet wurden sah man in breit grinsende Gesichter. Was für eine Nacht.
Der letzte Streich sollte ebenfalls aus purem Zufall besonders werden. Wir besuchten ein befreundetes Paar in der Nähe von Hamburg und ich entschloss mich wieder spontan, das eigentlich verhasste Hurricane-Festival für einen Tag zu besuchen. Hier hatte sich an schlechten Festivalerfahrungen seit Jahren nichts verändert. Ein staubiger Platz , vom Wind verwehter Sound, alles sehr unschön.
Doch die Pixies, Mogwai und Bowie sollten dafür entschädigen. Bowie spielte hier einen klassischen Festival-Set (incl. Pixies-Cover "Cactus") und niemand konnte ahnen, das dies das letzte vollständige Konzert seines Lebens werden sollte.
Erst zum Ende hin fehlte etwas der Biss, irgendetwas schien nicht zu stimmen. Bowie fröstelte, ließ sich ein Jacke reichen und brachte das Set irgendwie nach Hause. Noch in der gleichen Nacht erfolgte die Not-Operation am Herzen, danach entschloss sich Bowie nie mehr zu touren.
Was bleibt ist eine Legende, die mit "Blackstar" ein wirklich fantastisches Album kurz vor seinem Tod veröffentlicht hat. Bowie singt so einzigartig wie immer, das Sax improvisiert dazu und die Texte sind hinreißend. Ein besseres Vermächtnis ist wirklich schwer vorstellbar. Danke, auch dafür, David.
Dieser Artikel erschien zuerst im Konzerttagebuch (Mein Zuhause. Mein Blog). Das Konzerttagebuch umfasst ca. 4000 Live Konzert- und Festivalberichte.
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