ArtEZ Conservatorium in Enschede
Das ArtEZ Conservatorium in Enschede in den Niederlanden ist eine sehr beliebte Hochschule für angehende Musikstudenten. Annika Ernst, Saxophonistin und Instrumentalpädagogin, hat dort Jazz und Pop studiert und gibt Studieninteressierten Einblicke.
Mein Studium in Enschede
Die Aufnahmeprüfung
"Vor der Aufnahmeprüfung habe ich mich im Internet über die Anforderungen informiert. Außerdem hatte ich regelmäßigen Kontakt mit meinem Hauptfachdozenten, sodass ich mich umfassend vorbereiten konnte. Die Vorbereitung konnten wir dadurch gut absprechen und er konnte mich beraten und verbessern."
In der Prüfung saßen drei Dozenten: Der Hauptfachlehrer Allard Buwalda, Saxophondozent an der Hochschule in Enschede und ein in den Niederlanden sehr gefragter Studio- und TV-Show-Saxophonist. Der Dozent für Tasteninstrumente und weitere Fächer an der Hochschule John Hondorp ist außerdem der einzige Lehrer für Hammondorgel in Deutschland. Der Trompetendozent Jan Wessels war ebenfalls anwesend.
"John Hondorp hatte Kontakt mit meinem Chef an einer Musikschule, in der ich arbeite. Er gab dort in regelmäßigen Abständen Workshops und hat mir das Jazzstudium schmackhaft gemacht."
Im praktischen Teil der Prüfung wird zusammen mit einer vorbereiteten Band bestehend aus Studenten der Hochschule gespielt, die man vorher aber meistens nicht kennt. Es wird geprüft, ob man dazu imstande ist, mit fremden Musikern zu spielen, den Raum zu füllen und aus bekannter Literatur zu improvisieren. Gerade in der Improvisation muss man zeigen, was man kann. Nonverbale Kommunikation ist da sehr wichtig. Man gibt dann irgendwann das Zeichen, dass man wieder das Thema spielt. Die Dozenten geben meistens auch ein Zeichen, ob sie genug gehört haben oder nicht."
Die Theorie- und Gehörbildungs-Aufnahmeprüfung fand bei dem Bassisten Ruud Ouwehand in persönlicher und nicht in Klausurform statt.
Ein Studium auf Niederländisch
Die niederländische Sprache war für Annika kein Problem: "Ich habe später im Studium relativ schnell Niederländisch gelernt, weil das Studium auf Niederländisch ist. Durch die Routine habe ich es auch gelernt, weil ich immer mit den Leuten unterwegs war. Nach drei bis vier Monaten habe ich die Klausuren auf Niederländisch geschrieben."
Anders als in Deutschland rechnen die Niederländer eher in Jahren als in Semestern. Dementsprechend gestaltet sich auch der Stundenplan.
"Die Hochschule hat eine App, in der man alle Kurse einsehen konnte, die man machen musste. Das war in Holland sehr festgelegt. Das liegt [auch] daran, dass die Hochschule nicht so umfangreich wie eine große Universität ist. Daher ist auch die Studentenzahl überschaubar."
Der Stundenplan
Auf dem Stundenplan stehen unter anderem Gehörbildung, Musiktheorie, Musikgeschichte, der Hauptfachunterricht, Analyse, Studioproduktion und Combo, ein Bandkurs. Es gab zum Beispiel Fusion-, Latin- und Jazzcombo. Neben dem Hauptfach ist das ein sehr wichtiger Kurs. Ein Dozent hat uns gecoacht. Unter ihnen war Gerard Peters, ein niederländischer Gitarrist."
Bei der Studioproduktion wurde ein Stück eingespielt, das man eine Woche lang zuvor vorbereiten konnte.
In den künstlerischen Bachelorstudiengängen studiert man ab September regulär acht Semester, den Master vier.
"In den Mitlaufwochen vor dem Studium konnte man sich in alle Kurse setzen und auch der Tag der offenen Tür bietet Studieninteressierten erste Einblicke, um abzuwägen, ob einem das Studium zusagen könnte oder nicht. Für mich war das fantastisch. Alles, was in Enschede stattfand, hatte den totalen Zauber für mich. Der Reiz des Niederländischen kam dazu. Außerdem habe ich schon mit Leuten zu tun gehabt, die in Enschede studiert haben. In Herford bin ich zur Musikschule Lenze gegangen. Zufällig waren mehrere Lehrer unter ihnen, die in Enschede studiert haben, zum Beispiel der Gitarrist Daniel Sauk und der Bassist Patric Siewert. Dadurch habe ich mich mehr mit dem Jazz auseinandergesetzt. Da war ich ungefähr 15 Jahre alt und spielte seit einem Jahr Saxophon."
Gemeinsamkeit und Authentizität
Den Studiengang Jazz und Pop gibt es leider nicht mehr, weil die Abteilung geschlossen wurde. Dennoch hat Annika die Zeit des Studiums in sehr guter Erinnerung: "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Jazz und das Musizieren in einer Combo eine nonverbalen Kommunikation erfordert, gerade beim Blasinstrument. Das hat sich auf das Miteinander zwischen uns Studenten übertragen. Dadurch war die Atmosphäre zwischen uns sehr herzlich, offen, tolerant und sehr entspannt. Es waren alle sehr interessiert und authentisch. Ich bin ohne Probleme von den Leuten angenommen worden und die Sprache habe ich, wie gesagt, sehr schnell gelernt, weil wir oft gemeinsam unterwegs waren."
Musiktherapie, Mediamusic, Docent Muziek auf Lehramt und Pop an der Popakademie sind weitere Fächer, die man in Enschede studieren kann.
Mittlerweile wohnt Annika im Ruhrgebiet, weil dort die Jazzszene sehr ausgeprägt ist.