Musik, Mathe, Emotion
Dass Musik Emotionen auslöst, kann jeder Mensch bestätigen. Musik beeinflusst das menschliche Wohlbefinden. Sie fördert Entspannungszustände, erweitert die Wahrnehmungs- und Kommunikationsfähigkeit und das Vertrauen der Selbstheilungskräfte. Blutdruck und Herzschlag werden reguliert, in der Musiktherapie baut sie sogar Ängste, Hemmungen und Grenzen ab. Was hat das nun mit Mathematik zu tun?
Die Naturwissenschaft der Musik
Die Mathematik der Musik
Es geht nicht bloß um die Unterteilung der Noten in Viertel und Achtel. Auch das Abzählen der Tonintervalle ist nicht die reine Mathematik der Musik. Dennoch sei kurz am Rand erwähnt, dass das uns bekannte System 12 Halbtöne hat, die indische Musiktheorie 22 und die indonesische Musik fünf bis sieben Stufen in der Oktave zählt.
Es geht um die naturwissenschaftlichen Zusammenhänge zwischen Physik, Mathematik, Musik und das menschliche Gehirn, in dem die Emotionen entstehen.
Pythagoras' Erkenntnisse
Eine kleine Zeitreise erklärt die Ursprünge dieses Phänomens. Bereits 500 Jahre vor Christus hat der griechische Mathematiker und Philosoph Pythagoras erkannt, dass harmonische Klänge mit natürlichen Schwingungen zusammenhängen.
Pythagoras hörte in einer Schmiede, dass die Hämmer beim Aufschlagen unterschiedliche klangen. Die Tonhöhe ist in seinen Augen also von geometrischen Maßen und Gewicht abhängig.
Das Monochord
Pythagoras baute das Monochord, ein gitarrenähnliches Instrument mit nur einer Saite. Er teilte sie und erkannte, dass der höhere Ton einer Oktave mit der doppelten Frequenz des Grundtons schwingt. Je einfacher das Schwingungsverhältnis ist, desto angenehmer klingen die Intervalle.
Von Tönen, Zahlen und Schwingungen
Wenn er einen Steg unter die Saite setze, wie wir ihn von der Gitarre kennen, ergaben sich beim Anzupfen verschiedene Tonhöhen. Er verschob den Steg und kam zu unterschiedlichen Teilungsverhältnissen, die die jeweiligen Intervalle bestimmten. Dadurch sah er den Zusammenhang zwischen Mathematik und Musik. Musik besteht also aus berechenbaren Luftschwingungen, deren Frequenzen sich nach physikalischen Regeln überlagern. Die jeweiligen Tonfrequenzen stehen in einem festen Zahlenverhältnis zueinander. In der Physik ist der Klang also ein Gemisch aus hörbarem Grundton und Obertönen, die die Klangintensität und die Klangfarbe bestimmen.
Mathematik wird ein Gefühl
Emotionen entstehen bekanntlich im Gehirn. Die linke Hirnhälfte verarbeitet Sprache und Rhythmen, die rechte Klangfarben und Tonhöhen. Weiter vorn liegende Hirnregionen sind für kulturell bedingte musikalische Vorlieben und Assoziationen zuständig. Menschen mit absolutem Gehör, die jeden Ton ohne Vergleichston identifizieren können, haben eine bestimmte, vergrößerte Gehirnwindung im linken Schläfenlappen.
Harmonie – Reine Nervensache
Tonintervalle wie Quinten oder Oktaven werden von Menschen als harmonisch wahrgenommen. Eine Sekunde hingegen klingt unangenehm. Doch warum ist das so? Sinnesforscher erklären, dass nah beieinanderliegende Frequenzen auch nah beieinander liegende Nervenzellen aktivieren. Daher geht die Trennschärfe zwischen den Tönen verloren. So beeinflusst Musik sogar das Schmerzempfinden. Filmmusik profitiert insbesondere von diesem Phänomen. Wenn sich die Nervenimpulse gegenseitig überlagern, codiert das Gehirn dieses Chaos als unerträglichen Klang.
Experimente beweisen
Rhythmen, Lautstärken und Tonhöhen beeinflussen körperliches und seelisches Wohlbefinden. Beim Jazz und Swing wird Musik ergreifend, weil diese Stilrichtungen 'mathematisch unscharf' sind. Bei einem weiteren musikalischen Experiment mit Musikstudenten zeigte sich, dass sich die linke Schläfen- und Stirnregion bei schön empfunden Klängen aus Rock-, Pop- und Jazzmusik regten, bei unangenehmen Geräuschen wurden die rechten Regionen aktiv.
Musik im Kopf
Die heilende Wirkung der Musik wird erzielt, wenn man verletzte Areale des Hirns anregt, um Nervenzellen zu aktivieren und neue Verknüpfungen anzulegen. Neurotransmitter wie Dopamin und Serotonin erzeugen Glücksgefühle beim Hören der Lieblingsmusik. Das geschieht im mesolimbischen System, dem Belohnungszentrum unseres Gehirns. Interessanterweise regulieren traurige Songs die melancholische Stimmung eher als fröhliche Musik.
Frühmusikalische Prägung bei Kindern
Bei einem Experiment suchte die kanadische Psychologin Sandra Trehub im Gehirn von Kindern nach den neuronalen Wurzeln der Musik. Babys reagierten auf dissonante Töne mit einem Innehalten und drehten ihren Kopf zum Lautsprecher. Diese Babys waren sechs Monate alt. Zweimonatige Babys reagieren nach ihren Ergebnissen auf Rhythmuswechsel.
Musik im Bauch
Kindern kann die Musik also tatsächlich in die Wiege gelegt werden. Melodie, Takt, Gesang - all das nimmt das Kind sogar schon vor der Geburt wahr. Laut einer Studie der Britischen Universität York im Jahr 2008 ist nicht nur die Freude der Kinder beim Hören von Musik sichtbar, sondern auch ihre angepasste Bewegung. Rhythmus und Tempo wurden sofort übernommen.
Ein Statement
Der berühmte Musiker Till Brönner beteuert, dass Musik pure Emotion bedeutet. Musik öffne uns für Emotionen. Dafür müsse man nicht einmal ein Instrument spielen. Bereits das Hören von Musik sei aktive Ausführung. Als er an einem Vormittag eine Schulkasse besuchte und mit ihr gemeinsam musizierte, bemerkte er, dass die Kinder sich in der Gemeinschaft sicher fühlten. Man könne die integrative Kraft von Musik also besonders gut bei Kindern ausprobieren.
Ein Fazit
Schlussfolgernd lässt sich also erkennen, dass kein Mensch immun gegen Musik ist, wenn sein Gehör funktioniert. Durch's Ohr in die Beine und ins Herz – dieses Sprichwort trifft auf Musik also zu.
Quellen:
- Spiegel-Artikel über die Musik-Formel
- Informationen über Pythagoras und die Welt der Klänge
- Ein Video-Interview mit Till Brönner
- Informationen über Musiktherapie
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